30. Januar 1933: Ernennung Hitlers zum Reichskanzler
1. April 1933: »Judenboykott«
15. September 1935: »Nürnberger Gesetze«
9. November 1938: Reichspogromnacht
30. Januar 1939: »Prophezeiung« Hitlers
September 1939: Beginn des deutschen Angriffs auf Polen
20. Mai 1940: Errichtung des Konzentrationslagers Auschwitz
22. Juni 1941: Beginn des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion
1941: Einführung des »Judensterns«
20. Januar 1942: „Wannsee-Konferenz“
6. Juni 1944: Landung der Alliierten in der Normandie
27. Januar 1945: Befreiung des Lagers Auschwitz
8. Mai 1945: Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa
30. Januar 1933: Ernennung Hitlers zum Reichskanzler
Die Errichtung der Diktatur
Am Vormittag des 30. Januars 1933 wurde Adolf Hitler vom Reichspräsidenten Paul von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt. Das Kabinett Hitler bestand aus drei Mitgliedern der NSDAP (Adolf Hitler, Wilhelm Frick und Hermann Göring) sowie aus acht Personen, die der Deutschnationalen Volkspartei angehörten bzw. aus antirepublikanisch, nationalkonservativ und autoritär orientierten Kreisen stammten. Diese rechtsnationalen Kräfte glaubten, Hitler und die Nationalsozialisten »einrahmen« und kontrollieren zu können. Diese Vorstellung erwies sich bald als irrig, da die Nationalsozialisten wichtige Schlüsselpositionen besetzten. Hitler bestimmte als Kanzler die „Richtlinien der Politik“ (Art. 56 Weimarer Verfassung); Göring, demals Minister ohne Geschäftsbereich das preußische Innenministerium mit dem größten Polizeiapparat des Deutschen Reiches unterstand, und Wilhelm Frick als Innenminister kontrollierten die Polizei. Zudem sympathisierten einige Minister sehr stark mit den politischen Maßnahmen, die Hitler ankündigte.
Im Parlament, dem Reichstag, verfügte die Koalition über keine Mehrheit; sie stützt sich zunächst auf das Notverordnungsrecht des Reichspräsidenten (Artikel 48 der Reichsverfassung). In den Folgewochen wurde die parlamentarische Demokratie der Weimarer Republik faktisch aufgelöst und die totalitäre Diktatur des Nationalsozialismus errichtet.
Einerseits versuchte die Regierung, der Machteroberung mit Verordnungen und Gesetze eine gesetzliche Grundlage zu verschaffen. Damit sollte der Schein von Legalität gewahrt werden. Andererseits war der Prozess der Machteroberung durch Einschüchterung, Gewalt und Terror gekennzeichnet, insbesondere nach dem Reichstagsbrand am Abend des 27. Februars 1933. Die am nächsten Tag folgende Verordnung des Reichspräsidenten zum »Schutz von Volk und Staat« (»Reichstagsbrandverordnung«) setzte wichtige Grundrechte außer Kraft. Fortan konnten Hochverrat, Brandstiftung, Sprengstoffanschläge oder Attentate mit dem Tod bestraft werden. Noch in den Morgenstunden des 28. Februar 1933 begann eine Verhaftungswelle nach vorbereiteten Listen. Tausende Kommunisten, Sozialdemokraten und andere politische Gegner wurden in sogenannte »Schutzhaft« genommen und in Gefängnisse oder Konzentrationslager verschleppt; viele wurden gefoltert und ermordet.
Am 5. März 1933 fanden Reichstagswahlen statt. Es waren die letzten Reichstagswahlen, an denen mehrere Parteien teilnehmen konnten. Im Wahlkampf bedienten sich die Nationalsozialisten aller staatlicher Mittel, um die politischen Gegner massiv zu behindern: Göring erließ ein Demonstrationsverbot für die KPD und verbot zeitweise die sozialdemokratische Tageszeitung »Vorwärts«. Drohungen und Übergriffeder SA (»Sturmabteilung«), der paramilitärischen Kampftruppe der NSDAP, waren an der Tagesordnung. Auf Basis der »Reichstagsbrandverordnung« setzte zudem die staatliche Verfolgung der Kommunisten ein.
Bei der Reichstagswahl erzielte die NSDAP starke Stimmengewinne, erhielt aber mit 43,9 Prozent der Stimmen nicht die erhoffte absolute Mehrheit. Nur die Regierungskoalition insgesamt errang eine knappe absolute Mehrheit im Parlament. Die Sozialdemokraten erreichten trotz der Verfolgung ihrer Mitglieder und der Behinderung ihres Wahlkampfes noch 18,3 Prozent der Stimmen. Die KPD kam auf 12,3 Prozent.
Die NSDAP war zwar die eindeutige Gewinnerin der unfreien Reichstagwahlen. Aber die Mehrheit der Deutschen hatte trotz aller Propaganda nicht für Hitlers Partei gestimmt. Vor allem in den ersten Wochen seiner Regierungszeit hatte sich auch Protest geregt. So waren Menschen in verschiedenen Orten im ganzen Reich zu Kundgebungen und Demonstrationen zusammengekommen.
Am 24. März 1933 verabschiedete der neugewählte Reichstag das »Ermächtigungsgesetz« (»Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich«). Dieses Gesetz verlieh der Regierung das (zunächst auf vier Jahre befristete) Recht, eigenmächtig Gesetze zu erlassen. Fortan konnte die Regierung sogar verfassungsändernde Gesetze beschließen, sofern nicht die Stellung des Parlaments, der Ländervertretung oder des Reichspräsidenten betroffen waren. Mit dem Gesetz wurde die Gewaltenteilung zwischen Legislative und Exekutive zerstört und der Weg in die Diktatur geebnet. Der Reichstag hatte seine eigene Entmachtung beschlossen und der Regierung faktisch diktatorische Vollmachten einräumte.Das klassische Recht des Parlaments, dass die Volksvertretung über Gesetze abstimmt, galt fortan nicht mehr.
In freier Abstimmung war das Gesetz allerdings nicht zustande gekommen. Alle 81 gewählten Abgeordneten der KPD sowie 26 Abgeordnete der SPD fehlten bei der Abstimmung, weil sie in »Schutzhaft« oder geflohen waren. Die SA hatte zudem das Gebäude abgeriegelt und Oppositionspolitiker eingeschüchtert. Trotz dieser bedrohlichen Lage stimmten die 94 anwesenden Abgeordneten der SPD gegen das Gesetz.
1933 wurde – erstmals in der deutschen Geschichte – der 1. Mai als Feiertag begangen. Unter der Bezeichnung »Tag der nationalen Arbeit« beschwor die Regierung die Volksgemeinschaft, in der alle Deutschen ohne Konfessions-, Klassen- und Standesunterschiede zusammenleben sollten. Tags darauf stürmte die SA im gesamten Reich die Büros der Gewerkschaften, verhaftete Gewerkschaftsfunktionäre und beschlagnahmte Gewerkschaftseigentum. Die freien Gewerkschaften wurden aufgelöst und die Deutsche Arbeitsfront (DAF) als Zwangsvereinigung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber begründet.
Im Juni folgte die Auflösung der Parteien. Viele Funktionäre von KPD und SPD, die nicht bereits verhaftet worden oder ins Ausland geflohen waren, gingen nun ins Exil. Am 14. Juli 1933 erließ die Regierung das »Gesetz gegen die Neubildung von Parteien«. Es verbot alle Parteien außer der NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei) und Es schuf die gesetzliche Grundlage für den Einparteienstaat.
Bereits im Frühjahr waren viele Menschen der NSDAP beigetreten, die deshalb am 19. April 1933 eine (am 10. Mai 1939 vollständig wieder aufgehobene) Aufnahmesperre für Neumitglieder einführte. Bei Hitlers Berufung in das Reichskanzleramt hatte die NSDAP 849.009 Mitglieder (parteieigene Statistik). In den Folgejahren wuchs die Mitgliederzahl auf 5,3 Millionen (1939) und schließlich auf 7,7 Millionen im Mai 1943 an. Die Gründe für einen Beitritt zur NSDAP waren vielfältig: Es gab Menschen, die aus Überzeugung die Partei und ihre Politik unterstützen wollten, es gab aber auch Menschen, die sich aus persönlichen Nützlichkeitserwägungen der politischen Lage anpassten.
Auch in den Behörden, Parteien, Betrieben, Universitäten usw. arbeiteten viele Menschen an der Gleichschaltung mit – einige aus Überzeugung, andere aus Angst, manche als Mitläufer oder aus Karrieregründen usw.
Als Hindenburg am 2. August 1934 verstarb, wurde das Amt des Reichspräsidenten mit dem des Reichskanzlers vereinigt. Auf der Grundlage eines am 1. August 1934 verabschiedeten Gesetzes gingen die Befugnisse des Reichspräsidenten auf Hitler über. Damit war die Machtergreifung institutionell abgeschlossen. Innerhalb weniger Monate waren die wichtigsten Grundrechte außer Kraft gesetzt, die Legislative entmachtet, die Gewaltenteilung beseitigt, die freien Gewerkschaften zerschlagen und die Parteien (mit Ausnahme der NSDAP) verboten worden. Der Rechtsstaat bestand nicht mehr. Die freiheitlich-bürgerlichen Gesellschaft wurde durch die Volksgemeinschaft ersetzt, die auf die Erziehung, Lebensführung und Kontrolle der »Volksgenossen« nach nationalsozialistischen Vorstellungen abzielte.
Manche Historikerinnen und Historiker halten die Begriffe »Machtergreifung« oder »Machtübernahme« für zu unpräzise, da nicht Hitler und die NSDAP den Prozess der Umwandlung allein bestimmten. Sie wählen deshalb zum Beispiel die Begriffe »Machtübergabe« oder »Machtübertragung«, um die Verantwortung der Unterstützer in Staat und Gesellschaft deutlich zu machen. Dieser Begriffe werden aber wiederum der Rolle von Hitler und der NSDAP nicht gerecht, lauten die Einwände.
1. April 1933: »Judenboykott«
Am 1. April 1933 fand im Deutschen Reich ein Boykott jüdischer Geschäfte, Anwalts- bzw. Notarkanzleien und Arztpraxen statt. In zahlreichen deutschen Städten und Dörfern zogen Posten der Sturmabteilung (SA) auf, um Passanten unter Androhung von Gewalt am Betreten jüdischer Geschäfte und Warenhäuser zu hindern. Mit Sprechchören und Lautsprecherwagen wurde die Parole verbreitet, die auch auf Schildern und Plakaten zu lesen war: »Deutsche! Wehrt euch! Kauft nicht bei Juden!« Die Bevölkerung reagierte auf verschiedene Art und Weise. Es gab sowohl Unterstützung für die antisemitische Aktion als auch Solidaritätsbekundungen für die jüdischen Mitbürger. Viele Menschen ignorierten den Boykottaufruf und kauften weiterhin in Geschäften von jüdischen Inhabern ein. Auf große Proteste stieß der Boykott jedoch nicht, der am Abend des 1. April »ausgesetzt« und drei Tage später für beendet erklärt wurde. Maßgeblich für diese Entscheidung war, dass die Regierung scharfe Reaktionen aus dem Ausland und negativen Konsequenzen für die einheimische Wirtschaft befürchtete.
Bereits in den Wochen zuvor, nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler, hatten sich zahlreiche Übergriffe auf Juden ereignet. Im Ausland war dieser staatlich geduldete und geförderte Antisemitismus mit Sorge beobachtet und mit Protestaktionen beantwortet worden. Vor allem in den USA hatten Solidarisierungsdemonstrationen stattgefunden, auf denen ein Handelsboykott gegen Deutschland gefordert worden war. Diese Auslandsproteste hatten den Vorwand für die antisemitische Aktion vom 1. April geliefert, die, wie die offizielle Begründung lautete, der »Abwehr der jüdischen Greuel- und Boykottpropaganda im Ausland« diente.
Tatsächlich waren jedoch mit und nach dem 30. Januar 1933 radikale Politiker an die Macht gekommen, die einen extremen rassistisch-völkischen Antisemitismus verfochten. Einige von ihnen, zuallererst Hitler, verfolgten die Bekämpfung der Juden als »Gegenrasse« im »Rassenkampf« mit pseudoreligiösem Missionseifer.
In breiten Teilen der Gesellschaft hatte ein traditioneller Antijudaismus für die Verbreitung von antijüdischen Vorurteilen gesorgt. Nicht wenige vertraten die Auffassung, dass Juden zu viel Einfluss in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur besaßen. Wer solche Vorbehalte gegen Juden pflegte, hegte auch gegen die Ausgrenzung jüdischer Mitbürger in quasi »legaler« Form, auf dem Gesetzesweg, keine Bedenken.
Entsprechende Schritte folgten bald nach dem »Aprilboykott«. Am 7. April 1933 trat das »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums« in Kraft. Es ermöglichte die Entlassung politisch unzuverlässiger Beamter. Zugleich schrieb es vor, dass alle Beamte, die »nichtarischer« Abstammung waren, in den Ruhestand versetzt werden mussten (sofern sie nicht Frontkämpfer im Ersten Weltkrieg, Väter oder Söhne von Kriegsgefallenen waren). Als »nichtarisch« galt, wer von einem Eltern- oder Großelternteil jüdischen Glaubens abstammte. Mehr als 5000 jüdische Beamte verloren ihre Stellung.
15. September 1935: »Nürnberger Gesetze«
9. November 1938: Reichspogromnacht
30. Januar 1939: »Prophezeiung« Hitlers
September 1939: Beginn des deutschen Angriffs auf Polen
20. Mai 1940: Errichtung des Konzentrationslagers Auschwitz
22. Juni 1941: Beginn des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion
1941: Einführung des »Judensterns«
20. Januar 1942: „Wannsee-Konferenz“
6. Juni 1944: Landung der Alliierten in der Normandie
27. Januar1945: Befreiung des Lagers Auschwitz
8. Mai 1945: Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa